Die Bernardus-Kirmes
Hallo Kirmesfreund! Ob du hier zufällig gelandet bist oder ob du nach einer Schilderung gesucht hast, wie denn so ein Schützenfest eigentlich gefeiert wird… egal! Du bist hier auf jeden Fall fündig geworden. Um aber eines direkt von vorneherein klar zu stellen: die offizielle Version, wie man in Grevenbroich das Schützenfest feiert, findest du hier. Dies ist die Bernardus-Kirmes, wie wir sie in unserem Zug zu feiern pflegen. Und das ist nichts für schwache Nerven.
Donnerstag: „Schmücken“
Bereits seit einigen Jahren treffen wir uns bereits am Donnerstagabend. In den ersten Jahren hat man im Wachlokal den anderen Zügen beim Schmücken zugeschaut oder hat sich im TuS-Heim getroffen um noch letzte Kleinigkeiten zu besprechen und/oder ein Spiel des TuS Grevenbroich anzuschauen.
Nach dem Wechsel ins „Anno“ bzw. „Op de Eck“ gilt nun das Schmücken des Wachlokals zum festen Programmpunkt dieses Abends, wo später dann die Feier mal so richtig los geht.
Bei kühlen Getränken, vorzugsweise vom Fass, bringen wir uns entsprechend in Stimmung. Meist können hier bereits die ersten Absprachen für die Schützenfest-Tage getroffen werden. So wurden bereits Versuche unternommen, die Wahlen zur „Miss Zelt“ zugunsten unserer „Prinzessin“ zu manipulieren.
Dies war bislang aber leider noch nicht von Erfolg gekrönt. Aber was nicht ist, kann ja noch werden. Geschickte Schützenbrüder legen übrigens ihren Urlaub so, dass sie am nächsten Tag frei haben, denn dann kann man den Abend noch besser genießen.
Freitag: Einweihen des Schützenfestes
Schon seit unserem ersten Schützenfest Anno 1996 ist das „Einweihen des Schützenfestes“ ein fester Brauch. Wurden tagsüber noch allerlei Vorbereitungen an Uniform, Residenz und sonstigen Utensilien getroffen, trifft man sich Freitag Abends zum ersten offiziellen Programmpunkt, nämlich dem Gedenken an die verstorbenen Mitglieder. Nach diesem etwas ernsteren Teil geht es aber dann stets zu einer mehr oder weniger großen Feier, meistens gemeinsam mit befreundeten Vereinen, um gemeinsam bis tief in die Nacht die Vorfreude auf die kommenden Tage zu zelebrieren.
Ein scheinbar unverzichtbarer Bestandteil ist dabei die Huldigung des schönsten Grevenbroicher Schützen-Balkons (Hallo Brötchen!) auf dem Rückweg von besagter „Einweihung“ in den frühen Morgenstunden des Samstags. Womit wir dann beim Thema wären…
Samstag: Einschießen und Abmarschieren
Der offizielle Beginn des Schützenfestes findet stets pünktlich um 12 Uhr Mittags statt – früher im Garten der Villa Kamper, vielen besser bekannt als das Grevenbroicher Standesamt, mittlerweile vor dem Grevenbroicher Museum – Villa Erckens. Die vorher stattfindende Serenade lassen wir wegen des Freitag-Programms vorzugsweise aus. Dafür geht es nach dem Böllerschießen aber ab in eines der Grevenbroicher Lokale zur obligatorischen Schützenfest-Eröffnungs-Runde. Dann dürfen’s auch mal zwei sein. Danach macht man sich nochmal kurz frisch, bevor man sich nachmittags zum Vorbereiten auf den Fackelzug trifft.
Für diesen Fackelzug wurden in monatelanger Arbeit Großfackeln gebaut, welche nun der Öffentlichkeit präsentiert werden. Bei diesen Großfackeln handelt es sich um große Kunstwerke (bis zu 5 Metern Höhe) die voll beleuchtet und beweglich sind. Alleine dieser Fackelzug ist einen Besuch des Grevenbroicher Schützenfestes wert. Unseren bisher gebauten Großfackeln huldigen wir übrigens hier.
Nach vollbrachtem Fackelzug folgt das nächste Highlight auf dem Fuße: Der große Festabend im Zelt! Hier hält es keinen Bernardiner lange am Tisch; zu viele Bekannte tummeln sich an der Theke. So geht es zum ersten Mal an diesen Kirmestagen die Theke rauf und runter, immer auf der Suche nach einem kleinen Schwätzchen mit alten und neuen Bekannten und natürlich dem einen oder anderen Bier. Und wenn das Zelt so gegen 3.30 Uhr seine Pforten schließt, geht es entweder nach Hause oder in eine bekannte Mitternachts-Pizzeria, in der man den Abend bei Kölscher Musik und italienischen Spezialitäten noch mal Revue passieren lassen kann. Spätestens nach diesem „Programmpunkt“ sollte es der Schütze dann aber heimwärts schaffen.
Sonntag: Kirmes von früh bis spät
Der Sonntag beginnt früh morgens um 8.30 Uhr mit einem gemeinsamen Kirchgang. Diesen verbringt ein Großteil der Bernardiner lieber in einem Grevenbroicher Café bei einem gemütlichen Frühstück, während sich die üblichen Verdächtigen in die Kirchenbank drücken. Nach der Messe finden sich dann aber immer (fast) alle Bernardiner zur Kranzniederlegung am Gefallenendenkmal ein, was für viele Schützen DER Höhepunkt des Schützenfestes schlechthin ist.
Nach dem Großen Zapfenstreich und dem „Guten Kameraden“ mit Böllerschüssen geht es dann über den alten Marschweg ins Zelt, wo die Ehrung des Edelknabenkönigs auf dem Programm steht. Hier zerstreuen sich die Wege zwecks Regeneration und Mittagessen, bevor man sich am Bahnhof zum Festumzug trifft.
Nach dem Antreten am Bahnhof sammelt man sich – gern auch mit Gastzug – um im Festzug durch die Stadt zu marschieren. Vor der Parade stellt man zum Abschreiten der Front auf, bei dem wir unseren klassisch lauten Kampfschrei zum Besten geben.
Anschließend heißt es dann „Augen rechts!“, wenn der Zugführer zum Stechschritt bei der Parade ruft. Dieses Ereignis ist alljährlich ein Zuschauermagnet und das unumstrittene Highlight des Schützenfestes.
Nach den Strapazen des Festzugs entspannt sich der Schütze erstmal bis zum abendlichen Festball zu Ehren des Schützenkönigspaares. Dies tun die Meisten in den heimischen Gefilden, manche jedoch verbringen die Zeit an der Theke im Zelt bei Klängen der Musiker des Tambourcorps Musikvereins „Alu“ Norf. Na ja, jeder so, wie er’s für richtig hält.
Die Zeiten, dass wir die Hofherren stellten, sind glücklicherweise vorbei und so können sich alle Bernardiner voll und ganz auf die „Feierlichkeiten“ am Tisch konzentrieren. Und die haben es in sich: So mancher Gast (und auch Schütze) klagte nach vollbrachtem Abend am Tisch am nächsten Morgen über diverse Ausfallerscheinungen und Unwohlsein. Dabei findet ab Mitternacht das eigentliche Programm an der Theke statt, wenn die traditionelle „Dirk-Langen-Gedächtnis-Runde“ bestellt wird. Hier kommt dann die zugeigene Durst-Fahne noch mal richtig zum Tragen.
Wenn das Zelt dann so gegen 2.30 Uhr endgültig seine Pforten schließt stellt sich oftmals die Frage: „und jetzt“? Schließlich heißt eines unserer Mottos: „Nur nach Hause, jonn mer nit.“ So endeten wir früher bereits diverse Male im Wohnzimmer des Preisträgers für den schönsten Grevenbroicher Schützen-Balkon und feierten dort bis zum Morgengrauen. Alternativ ist dieser Abend auch ein potenzieller Kandidat für einen Besuch in oben erwähnter Mitternachts-Pizzeria. Aber das hatten wir ja schon.
Montag: Bernardus im Zelt, dat is unsre Welt!
Pünktlich um 11 Uhr beginnt der Kirmesmontag der Bernardiner mit einem zünftigen Brunch im Zelt. Im (noch) leeren Zelt kann man hier gemütlich über die Erlebnisse der vergangenen Tage klönen und sich für die Strapazen des kommenden Tages stärken. Dies ist auch die Zeit für die traditionelle Begehung des Kirmesplatzes.
Hier werden (teilweise zum ersten und einzigen Mal) die Gerätschaften und Buden außerhalb des Festzeltes in Augenschein genommen. Danach geht es verstreut im sich langsam füllenden Festzelt weiter. Auch ein obligatorischer Besuch in Trippens „Café Bistro“ gehört natürlich für die meisten dazu.
Den überwiegenden Teil der Zeit verbringt man dabei naturgemäß an der Theke und unterhält sich mit Freunden und Bekannten, die sich an diesem Tag gleich Scharenweise im Zelt einfinden. Schließlich ist der Frühschoppen ein gesellschaftliches Großereignis ersten Ranges, bei dem das Geschäftsleben in der Schlossstadt ruht.
Abends gegen 21 Uhr fand viele Jahre der einzige (und inoffizielle) Programmpunkt des Tages statt: etwa eine Stunde bevor das Zelt schließt geht die Nachtparade, angeführt vom Jägerzug „Jungschützen“ vom Zelt in die Jägersruh. Mit Trommel und Flöte (Also „Tambourcorps light“) geht es in die Grevenbroicher Innenstadt, wo nochmals die Parade exerziert wird. Dies geht je nach Tagesform – der Optimalfall sieht so aus: zuerst heißt es „Hühner auf die Bühne!“ und alle Frauen stellen sich auf die Königsempore, während alle Männer die Parade kloppen. Danach heißt es „Männer auf die Bühne“ und die Frauen dürfen sich unter dem Beifall der Männer an der Parade inklusive Preußischem Stechschritt versuchen. Sieht sogar manchmal ganz gut aus. Als Sahnebonbon gibt es noch „Musik auf die Bühne“ und alle machen Parade. Auch ein „Alle auf die Bühne“ hat es schon gegeben; dann war allerdings auch der Schützenkönig anwesend, der dann allein die Parade kloppen durfte. Sonst macht’s ja keinen Sinn.
Dann geht es weiter in Richtung Jägersruh, wo man (damals noch mit einem kleinen Boxenstopp in der Flönz) noch mal so richtig Gas gibt. Hier sind wir früher auch immer dabei gewesen, kann man sich hier doch mit der berühmt-berüchtigten Currywurst stärken oder sich wahlweise ein paar Pizzen kommen lassen (oder beides, Hans-Peter!).
Pünktlich um Mitternacht wird dann der Jungschützentag eingeläutet und es wird von den Hits der Popmusik auf Kölsche Musik umgestellt.
In den letzten Jahren hat sich jedoch ein länger Verbleib im Festzelt eingebürgert. Anschließend entscheidet man dann spontan ob man ins Wachlokal „Op der Eck“ oder in die Jägersruh geht (oder beides). Ob aber nun „Op der Eck“ oder Jägersruh: Spätestens jetzt sollte jeder Bernardiner in seinem Element sein. Und wenn dann noch die Puppen auf dem Tisch tanzen kann es gar nicht mehr besser werden.
Kirmesdienstag: Feiern (fast) ohne Ende
Viele Züge schießen dienstags ihren König aus oder veranstalten ihren „Familientag“. Wir nicht. Haben wir uns in den ersten Jahren noch privat getroffen und gemeinsam Mittag gegessen, so haben wir nun die standesgemäße Verlängerung des Schützenfestes eingeführt: Um 13 Uhr heißt es seit 2005 Treffen in Uniform im Wachlokal, wo bis zum Antreten zum Fest- und Fackelzug gemeinsam mit vielen anderen Schützen befreundeter Züge noch mal so richtig gefeiert wird. Auch die Verpflegung mit fester Nahrung kommt hier nicht zu kurz: es wird gegrillt oder es werden Spezialitäten aus der Feinkostküche der Metzgerei Esser eingeflogen.
Meistes wird hier auch der „Dienstags-Gag“ geplant und die nötigen Utensilien noch schnell organisiert. Dies kann je nach dem mal mehr, mal weniger sein. Nach Abschluss der Feierlichkeiten im „Op de Eck“ geht es dann zum Antreten am Bahnhof. Hier marschieren wir zum letzten Mal in voller Uniform und mit Großfackel durch die Grevenbroicher City, natürlich mit entsprechender Parade und eventuellen Gags.
Anschließend folgt im Zelt die Krönung der neuen Majestät, bei der wir der Zeremonie andächtig am Tisch beiwohnen. Gegen Ende der Zeremonie geht eine Abordnung dann der neuen Majestät gratulieren, und schenkt dabei den unnachahmlichen Esser-Fresskorb. Währenddessen befindet sich der Rest der Mannen bereits an der Theke und hält die Bedienungen auf Trab. Dies geht dann mal wieder bis zum Dienstschluss des Zeltpersonals. Doch für uns ist dann noch lange nicht aller Tage Abend. Die Hart gesottenen müssen noch die Residenz des Königs aufsuchen und hier ihr „Unwesen“ treiben. So sind weder Schrubber noch Laken vor ihnen sicher – allerdings muss man auch sagen: es wird hinterher natürlich auch beim Gläser spülen und Aufräumen geholfen. Auch wurden neben Residenzen schon diverse Gartenhäuser besichtigt. Hauptsache die Devise „nur nach Hause jonn mer nit“ wird ein weiteres Mal beherzigt.
All dies hat natürlich nur ein großes Ziel: der König soll „versenkt“ werden. Sprich: erst nach Hause gehen, nachdem der König nach Hause ist. Dies hat bis heute auch jedes Jahr funktioniert. Und nebenbei kann man dann stolz behaupten, das Schützenfest bis zuletzt ausgekostet zu haben. DAS sind echte Schützen. Aber auch so ein Tag geht ja irgendwann mal zu Ende. Und dann sind es wieder cirka 358 Tage bis zur nächsten Kirmes.
Mittwoch: die Nachwehen
Sofern man eine Fackel gebaut hat, beginnt der Tag schon zur sonst ungewohnten Mittagsstunde mit dem Fackelabriss. Hier verschrotten wir die Fackel und machen den Fackelwagen so bereit für die Lagerung im Depot bis zum nächsten Fackelbau – wann immer der sein mag. Fand kein Fackelbau statt, kann man den Tag wesentlich relaxter angehen. Erst abends trifft man sich zum traditionellen Fischessen. Hier gibt es natürlich wieder mal nur ein alles beherrschendes Thema: das Schützenfest. Die Storys des vergangenen Schützenfestes werden erzählt und bereits Ideen für die kommende Kirmes ausgeheckt. Dabei wird übrigens seit jeher der Vorsatz befolgt, den der „Erft-Kurier“ bereits in unserem ersten Artikel Anno 1996 titelte: „Bei St. Bernardus bleibt’s bei Cola und Limo“.
Der Spieß darf an diesem Abend stolz die Strafen verkünden, die einzelne Schützenbrüder während der tollen Tage im Spießbuch notiert bekommen haben. Und auch die Frage wer neues Wildschwein geworden ist, wird hier abschließend geklärt.
Nach gut zwei Stunden ist auch diese abendliche Veranstaltung vorüber und jeder freut sich nur noch auf sein Bett, schließlich waren die vorangegangenen Tage ja hart genug.
Seit dem Jahr 2015 verschieben wir das Fischessen auch schon mal auf das Wochenende danach, wo es dann wesentlich länger geht.